30. Juli 2014

Bauträger kein Steu­er­schuldner nach § 13b UStG

Nach § 13b UStG schuldet der Leis­tungs­emp­fänger (ausnahms­weise) die Umsatz­steuer bei bestimmten Bauleis­tungen, wenn er selbst Bauleis­tungen erbringt. Der Bundes­fi­nanzhof (BFH) hat mit seinem äußerst wich­tigen Urteil vom 22.08.2013 (Az. V R 37/10) den Anwen­dungs­be­reich der Vorschrift erheb­lich einge­schränkt.

Sach­ver­halt des Urteils In dem konkreten Fall wurde entschieden, dass Bauträger nicht mehr als Steu­er­schuldner nach § 13b UStG in Betracht kommen, denn Bauträger erbringen keine Bauleis­tungen, sondern sie liefern bebaute („schlüs­sel­fer­tige“) Grund­stücke. Ein Bauträger erbringt also keine Bauleis­tung. Er betreibt den Erwerb, die Erschlie­ßung und die Bebauung von Grund­stü­cken. Danach veräu­ßert er sie, was keine Bauleis­tung, sondern eine Liefe­rung bebauter Grund­stücke darstellt. Inso­fern kann der Bauträger kein Steu­er­schuldner im Sinne des § 13b UStG sein.

Das unter­scheidet sie vom sog. Gene­ral­un­ter­nehmer, der an seinen Auftrag­geber Bauleis­tungen erbringt und deshalb die Steuer für die von ihm in einer Leis­tungs­kette bezo­genen Bauleis­tungen nach § 13b UStG schuldet. Ein Bauleister unter­scheidet sich also vom Bauträger dadurch, dass der Bauleister Bauleis­tungen auf Grund­stü­cken der Auftrag­geber erbringt. Ein Bauträger liefert (seine) bebaute(n) Grund­stücke.

Ist ein Unter­nehmen sowohl als Bauträger als auch als Gene­ral­un­ter­nehmer tätig, kommt es auf die Verwen­dung der einzelnen von ihm bezo­genen Bauleis­tung an. Maßgeb­lich ist dann, ob der Unter­nehmer die Bauleis­tung für eine steu­er­freie Grund­stücks­über­tra­gung als Bauträger oder für eine eigene steu­er­pflich­tige Bauleis­tung als Gene­ral­un­ter­nehmer verwendet.

Stel­lung­nahme des Bundes­mi­nis­te­riums der Finanzen Nunmehr hat sich das Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­rium mit einem Schreiben vom 05.02.2014 posi­tio­niert. Das o. a. Urteil wird grund­sätz­lich ange­wendet. Es ist nunmehr allein entschei­dend, ob die einge­kaufte Bauleis­tung unmit­telbar für eine ausgangs­sei­tige Bauleis­tung verwendet wird. Nur in diesem Fall geht die Steu­er­schuld­ner­schaft auf den Kunden über.

Lässt z. B. ein Bauun­ter­nehmer das Dach seiner Maschi­nen­halle erneuern, liegt aus Sicht der Finanz­ver­wal­tung keine Unmit­tel­bar­keit vor. Die Halle dient nur mittelbar der Erbrin­gung von Bauleis­tungen. Damit geht die Steu­er­schuld in diesem Fall nicht auf den Bauun­ter­nehmer über; der Dach­de­cker hat eine Rech­nung mit ausge­wie­sener Umsatz­steuer zu erstellen.

Nach­weis der Bauleis­tungen Die Frei­stel­lungs­be­schei­ni­gung nach § 48b EStG soll nur noch als Indiz für Bauleister dienen. Sie ist u. E. keines­falls ausrei­chend, da der unmit­tel­bare Zusam­men­hang zu einer bestimmten Bauleis­tung nicht nach­ge­wiesen ist.

Das BMF-Schreiben äußert sich zum Nach­weis wie folgt: „Dem leis­tenden Unter­nehmer steht es frei, den Nach­weis mit allen geeig­neten Belegen und Beweis­mit­teln zu führen, aus denen sich ergibt, dass der Leis­tungs­emp­fänger ein Unter­nehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleis­tung seiner­seits zur Erbrin­gung einer derar­tigen Leis­tung verwendet …“.

Wegfall der Verein­fa­chungs­regel Waren die Voraus­set­zungen des Steu­er­schuld­über­gangs frag­lich, so konnten sich die Vertrags­par­teien bisher auf die Anwen­dung des § 13b UStG berufen, wenn Einig­keit über die Anwen­dung bestand und der Kunde in zutref­fender Höhe besteuert hat. Nun entfällt diese Verein­fa­chung im Bereich der Bauleis­tungen.

Auswir­kungen für Bauträger Das Urteil des BFH wird in allen offenen Fällen ange­wendet. Da die Umsatz­steuer-Fest­set­zungen in den meisten Fällen unter dem Vorbe­halt der Nach­prü­fung stehen, kann für alle noch offenen Jahre (Fest­set­zungs­frist 4 Jahre) die Steuer korri­giert werden. Bauträger sind also auch in der Vergan­gen­heit nicht Steu­er­schuldner. Sie haben aber bisher die Steuer nach § 13b UStG abge­führt bei gleich­zei­tigem Vorsteuer-Abzugs­verbot, da ihre Umsätze in der Regel steu­er­frei nach § 4 Nr. 9 UStG sind. Diese Umsatz­steuer können die Bauträger nun zurück­for­dern.

Aller­dings wird die Finanz­ver­wal­tung die Steuer vom leis­tenden Unter­nehmer zurück­for­dern. Dieser wiederum hat dann zivil­recht­lich den Anspruch beim Leis­tungs­emp­fänger geltend zu machen. Es wird daher nicht bean­standet, wenn die Vertrags­par­teien einver­nehm­lich bis zum 14.02.2014 an der bishe­rigen Hand­habung fest­halten.

Auswir­kungen für Subun­ter­nehmer Keine endgül­tige Aussage wird aller­dings getroffen, wie die Verfah­rens­weise hierzu ist. Fordert der Bauträger wie oben beschrieben die Umsatz­steuer vom Finanzamt zurück, weil er zu Recht kein Steu­er­schuldner war, steht die Frage im Raum, wer dann der Steu­er­schuldner wird. Kann das Finanzamt dann die Steuer vom leis­tenden Unter­nehmer zurück­for­dern?

Nach dem BMF-Schreiben würde der Leis­tende keinen Vertrau­ens­schutz genießen, hat also im Zweifel die Umsatz­steuer aus seinem Netto-Betrag abzu­führen. Diese Rege­lungen halten wir für nicht haltbar, können aller­dings zu diesem Zeit­punkt keine endgül­tigen Aussagen treffen, ob Vertrau­ens­schutz besteht.

Aus Kreisen verschie­dener Steu­er­rechts­experten ist mit einer Flut an Rechts­strei­tig­keiten sowohl im Steuer- als auch im Zivil­recht zu rechnen; denn jeder einzelne Auftrag der letzten Jahre ist im Zweifel zu prüfen. Laut Bundes­mi­nis­te­rium der Finanzen sollen zur weiteren Anwen­dung weitere Schreiben ergehen. Bauleister sollten sich aber immer auf die Anwen­dung des Vertrau­ens­schutzes berufen. Die Rech­nungen für Altfälle sollten nicht korri­giert werden.

Es ist allen Subun­ter­neh­mern zu empfehlen, sich für alle bishe­rigen Aufträge an Bauträger eine Bestä­ti­gung einzu­holen, dass sich die Vertrags­par­teien einig über die Anwen­dung der bishe­rigen Rege­lung des § 13b UStG waren und die Anwen­dung des Urteils vom 22.08.2013 vom Bauträger nicht bean­tragt wird, ande­ren­falls die Umsatz­steuer an den Subun­ter­nehmer nach­zu­zahlen ist.

Weitere Auswir­kungen des BMF-Schrei­bens Aufgrund der nun neu gere­gelten direkten Zuord­nung der Eingangs­leis­tungen für gleich­ar­tige Ausgangs­leis­tungen ergeben sich auch außer­halb der Baubranche Ände­rungen. Auch bei Gebäu­de­rei­ni­gern geht die Steu­er­schuld nur auf den Kunden über, wenn die Reini­gungs­leis­tung wiederum für eine Reini­gungs­leis­tung erbracht wird. Auch Unter­nehmer, die bisher weniger als 10 % Bauleis­tungen erbracht haben, sind nun Steu­er­schuldner, wenn sie eine Bauleis­tung unmit­telbar für eine Bauleis­tung verwenden.

Anwen­dung Diese neuen Grund­sätze sind ab sofort auf alle Umsätze anzu­wenden. Alle laufenden und zukünf­tigen Aufträge sind zu prüfen und die erfor­der­liche Beschei­ni­gung einzu­holen.

Da es in der Baubranche üblich ist, nach Baufort­schritt Abschläge abzu­rechnen, obwohl der eigent­lich „fertige“ Umsatz noch nicht voll­ständig erbracht ist, sollten alle bishe­rigen Abschlags­rech­nungen unter diesen Gesichts­punkten geprüft und ggf. korri­giert werden.